An Bürgermeister Dr. Benjamin Bröcker Andreas Schmauder
Dorfstr. 2 Bohrerstr. 7
79289 Horben 79289 Horben
Horben, den 27.5.2021
Ihr Schreiben vom 18.5.2021
Sehr geehrter Herr Dr. Bröcker,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 18.5.2021 mit dem Angebot der Beantwortung meiner Fragen im persönlichen Gespräch im Rathaus Horben.
Ich fürchte nur, dass eine gemeinsame Faktenbasis in einem persönlichen Gespräch zwischen uns beiden kaum wird erarbeitet werden können. Dazu wird unser beider Sachverstand in Sachen Steuerrecht und Besteuerungspraxis kaum ausreichen. Es geht auch nicht darum, dass Vertreter konträrer Ansätze in einer politisch strittigen Frage Verhandlungen unter vier Augen führen. Im konkreten Fall muss auf breiterer Grundlage eine Faktenbasis erarbeitet werden, die für eine sachgerechte Beantwortung der Frage nach der dringenden Notwendigkeit eines Neubaugebiets aufgrund von finanziellen Zwängen dienlich sein wird.
Der im Januar eingeschlagene Weg, Haushaltsfragen in einer öffentlichen Gesprächsrunde zwischen Gemeinderat und BI zu behandeln war durchaus richtig. Leider sehe ich aber, dass beispielsweise bei der Bewertung der Gewerbesteuerberechnungen zum Gesundheitsresort Luisenhöhe die damals aufgezeigten Berechnungen von Herrn Blattmann in Ihrer Argumentation keine Rolle zu spielen scheinen. Dieser hat genau dargelegt, warum trotz der von Ihnen benannten Verlustvorträge nicht unerhebliche Gewerbesteuerzahlungen von Beginn der Geschäftstätigkeit des Hotels zu erwarten sind, ganz unabhängig davon, ob dieses schon Gewinne schreibt oder nicht.
Es ist bedauerlich, dass Sie mir die öffentlich angebotene Übermittlung Ihrer Zahlen schuldig bleiben und stattdessen nur auf allgemein zugängliche Informationen der Unternehmensstruktur verweisen. Es bleibt zu hoffen, dass der Gemeinde Berechnungen vorliegen, auf deren Basis sie ihre Einnahmeschätzungen vornimmt. Der dürre Verweis auf Corona-Krise und hohe Verlustvorträge ist hoffentlich nicht schon die ganze Rechtfertigung Ihrer Argumentation.
Mein Vorschlag ist es, die in meinem Brief vom 10.05. genannten Punkte nochmals gemeinsam aufzugreifen. Das richtige Forum dafür wäre eine Arbeitssitzung unter Einbezug von Frau Ebner, dem Gemeinderat und VertreterInnen der BI, zu der auch eine interessierte Öffentlichkeit eingeladen sein sollte. Eine solche Veranstaltung, die Ende Februar als Onlineveranstaltung geplant war, hatten Sie damals gesundheitsbedingt verschoben. Jetzt ist aber abzusehen, dass die Pandemielage ein solches Format demnächst auch wieder als Präsenzveranstaltung zulassen wird. Neben den haushaltspolitischen Themen wären durchaus auch Grundsatzfragen zum Umgang mit den Themen Flächenverbrauch, einem Bürgerrecht auf Neubau und generell dem Umgang unserer Gemeinde mit Anfragen von Bauwilligen zu besprechen. Auch wäre es von öffentlichem Interesse, zu erfahren, für welche Umgestaltungen plötzlich so enorme Finanzmittel benötigt werden. Die Gemeinde Horben ist, auch im Vergleich mit den Umlandgemeinden, entgegen des von Ihnen gerne ins Feld geführten massiven Investitions- und Sanierungsstaus, gut aufgestellt und wird von vielen BürgerInnen auch so wertgeschätzt.
Auch wenn Churchill davor gewarnt hat, eine Krise ungenutzt verstreichen zu lassen ("Never let a good crisis go to waste"), so müssen Sie sich seinen Rat nicht zu eigen machen. Es zeugt von wenig Verantwortungsbewusstsein, mögliche finanzielle Engpässe aufgrund der Coronapandemie als Argument für einen großen Ausverkauf an Gemeindeflächen zu nutzen. Zunächst muss abgewartet und analysiert werden, ob die Pandemie für den Haushalt Horbens tatsächlich eine Krise in nennenswerter Größenordnung darstellt.
Im Grund geht es aber darum, wohin sich unser Dorf entwickeln soll: noch ist Horben eine kleine ländliche Dorfgemeinschaft mit eigener Identität und einem lebendigen Vereinsleben. Dafür werden wir von außen bewundert und es macht auch viel vom Selbstverständnis Horbens aus.
Ein Dorfentwicklungskonzept ist der richtige Weg, um zu definieren, wo wir in zehn oder zwanzig Jahren stehen wollen. Bewegen wir uns über die unreflektierte Ausweisung immer neuer Baugebiete hin zu einem Schlafdorf von Freiburg oder wollen wir Dorfleben, Landschaft und Strukturen bewahren, die heutigen Anforderungen an eine nachhaltige Lebensweise viel eher entsprechen?
Darüber sollten die hier lebenden Menschen in einem Diskussionsprozess entscheiden, der von außen strukturiert, angeleitet und moderiert wird. Der letzte derartige Prozess ist inzwischen fast 20 Jahre her und hat damals Impulse für eine nachhaltige Dorfentwicklung gesetzt. Für einen solchen ergebnisoffenen Prozess dürfen wir uns nicht unter Zeitdruck setzen lassen.
Genau diesen bauen Sie aber auf, wenn Sie wie in der vorgestrigen Ratssitzung behaupten, die Verlängerung des § 13b BGB beziehe sich nicht auf Altfälle und wir müssten bis zum Jahresende die Pläne für das Baugebiet in trockenen Tüchern haben. Es wäre schön, Sie könnten diese Aussage auch konkret belegen. Nur weil Sie als Jurist eine Behauptung in den Raum stellen, muss diese noch lange nicht stimmen. Dazu haben wir in den letzten beiden Jahren schon zu vieles von Ihnen gehört, das sich im Nachhinein als reine Behauptung erwiesen hat (Rathausumbau sei allein schon aus Datenschutzgründen alternativlos, weil der Kopierer im Flur steht, wo jeder Besucher vorbeigeht – Eine Kurtaxe sei nicht umsatzsteuerpflichtig, weil auf eine Steuer keine Steuer erhoben werden darf – In einer Kurtaxensatzung müsse neuerdings zwingend die Meldepflicht von privaten Besuchern aufgenommen sein).
Sollte aber der Betonparagraph § 13b gar nicht zur Anwendung kommen, dann wäre das ein Gewinn für Bürgerbeteiligung und den Artenschutz.
Ich nehme also Ihr Angebot für einen Dialog im Namen meiner MitstreiterInnen, aber auch all der Menschen, die unser Anliegen unterstützen, gerne an und bitte Sie, endlich den Weg für einen bürgerbeteiligten Prozess zu bereiten. Die von Ihnen in der vorgestrigen Gemeinderatssitzung gemachten Äußerungen zu bürgerbeteiligten Entscheidungsprozessen haben sich zwar auf die Windkraftanlagen bezogen, müssen aber gleichermaßen für die Entscheidung über das geplante Baugebiet Langackern 2 gelten (Die BZ zitiert Sie heute in wörtlicher und indirekter Rede wie folgt "Ich würde mir mal wünschen, über ein Thema sachlich zu diskutieren"…. „Gerade bei strittigen Themen sei es wichtig, sich sachlich und fachlich zu informieren. Er [BM Dr. Bröcker] hätte sich gewünscht, "dass man der Bürgerschaft die Möglichkeit gibt, sich hier zu informieren und zu positionieren"“). Nichts anderes wünschen auch wir uns beim Themenkomplex Baugebiet Langackern 2.
Im Bemühen, unsere Anliegen öffentlich und transparent vorzutragen, wird auch dieses Schreiben wieder auf unserem Blog hochgeladen werden und zur Kenntnisnahme auch an die Mitglieder des Gemeinderats gehen.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Schmauder - Bürgerinitiative Landschaftsschutz Langackern 2
Zu diesem sachlichen, informativen, teils erschreckende Details aufzeigende OFFENE BRIEF der BI kann ich ad hoc nur sagen: Danke für Ihre Öffentlich-keitsarbeit. Sie bauen damit als BI - im Gegensatz zu BM Dr. Bröcker - auf Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Sie halten sich damit an eine einfache Regel für gute PR (Öffentlichkeitsarbeit ):
„Glaubwürdigkeit ist doch eine einfache Sache:
Man sagt, was man tut und man tut, was man sagt.“ - 1 -
Bleiben Sie bitte auf diesem erfolgreichen Weg. Wohl wissend, das der Weg von so manchem Manager, sich oft darstellt als "Sprüchli-Chlopfer" und letztlich als Kaiser - ohne Kleider - endet.
Ich denke, dass die vielen Aussagen und Zusagen des BM zu den unterschiedlichsten Sachthemen, ihn schon bald dazuveranlassen das genannte Zitat auch zu leben. - Wer will schon als ein "nackter Kaiser" in die Geschichte Horbens eingehen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Horst Schulte
1) Daniel Dagan - israelischen Schriftsteller