Auf Wunsch der „Liste Horben“ im Gemeinderat wurden die 3 Ansprechpartner unserer Bürgerinitiative, also Anja Bindewald, Franz-Georg Blattmann und Andreas Schmauder, zu einer Veranstaltung mit dem Gemeinderat von Horben eingeladen, um uns den Fragen der RätInnen zu stellen. Die Veranstaltung, zu der die Teilnahme weiterer VertreterInnen unserer Bürgerinitiative ebenso wenig gewünscht war wie die der Öffentlichkeit, fand am Dienstagabend des 6.Juli 2021 im Bürgersaal statt und dauerte über drei Stunden. Der Bürgermeister zog sich nach etwas mehr als einer Stunde aus privaten Gründen zurück.
Ziel der Veranstaltung war es offensichtlich, Kompromisslinien auszuloten, da angeblich niemand im Rat ein Baugebiet in den beschriebenen Dimensionen von knapp 9000 qm will. Die Fragen an uns in dieser unstrukturierten Veranstaltung bezogen sich zuvorderst auf das Thema Gemeindehaushalt. Dieses Thema ist allerdings nicht ohne eine vertiefende Betrachtung der Details abzuhandeln. Dazu war Franz-Georg Blattmann auch gern bereit, die Bereitschaft auf Seiten der Fragesteller war dazu allerdings recht beschränkt. Wir sollten einräumen, dass die Haushaltslage kritisch sei, der Haushaltsplan die Entwicklung der kommenden Jahre abbilde, wenn man nicht gegensteure und dass 80% des Gesamthaushalts der Gemeinde ohnehin feststehe und nicht dem Einfluss des Gemeinderats unterliege. Dem erwiderte Herr Blattmann, dass selbst unter dieser Annahme bei einem Gesamthaushalt von 2,5 Millionen Euro im Jahr der Gemeinderat über eine halbe Million Euro entscheiden könnte. Den Haushaltsplan 2021 habe der Gemeinderat aber gar nicht diskutiert, sondern die Zahlen der Verwaltung unkritisch akzeptiert.
Als es um konkrete Zahlen und seriöse Berechnungen ging, die ein anderes Bild der Einnahmen-/ Ausgabenentwicklung zeigen als der vorliegende Haushaltsplan, war schnell klar, dass dazu eine eigene Veranstaltung vonnöten wäre, in der alle Beteiligten tiefer in die Zahlenwerke einsteigen müssten. Um dafür eine seriöse Zahlenbasis zu haben, muss aber erst die Eröffnungsbilanz zum 1.1.2020 abgewartet werden, die zwar noch immer nicht vorliegt, aber in den nächsten Wochen oder Monaten kommen wird. Leider ist die Bereitschaft, darauf zu warten, in Teilen des Gemeinderats nicht groß. Man würde gerne jetzt Entscheidungen treffen und nicht warten, bis man klarer sieht. Das ist mehr als bedauerlich. Schließlich ist das angestoßene Großprojekt Langackern 2 so maßlos überdimensioniert, dass die Begründung dafür aufgrund der Haushaltslage hieb- und stichfest sein muss. Gewisse Kreise innerhalb des Gemeinderats beziehen sich in ihrer Argumentation für die Alternativlosigkeit des Neubaugebiets, auch wenn sie dieses angeblich gar nicht wollen, massiv auf den Haushaltsplan 2021. Dass dieser nur ein „Plan“ ist, der von der Verwaltung offensichtlich pessimistisch aufgestellt wurde und ein unserer Ansicht nach zu düsteres Zukunftsbild entwirft, wird abgelehnt. Es wurde von Seiten einiger Gemeinderäte bestätigt, dass der Haushaltsplan im Corona Jahr 2020 erstmals ohne vorherige Haushaltsberatungen mit dem Gemeinderat erstellt und entsprechend vorab nicht wie üblich im Detail diskutiert worden war.
Es zeichnete sich ziemlich klar ab, dass die „Liste Horben“ (angeblich) noch nie und auch heute gar keine Komplettbebauung von Langackern 2 anstrebt, aber in jedem Fall zumindest in den Erschließungsprozess einsteigen möchte. Die Hoffnung von dort war auch, dass man mit unserer BI einen Kompromiss aushandeln könne, der zuerst eine Bebauung in kleinerem Rahmen vorsieht bei Erweiterungsmöglichkeiten aufgrund von unvorhergesehenem Finanzbedarf oder innerem Bedarf an Wohnraum. Mit dem Verweis auf den Landschaftsschutz und einen generellen Politikwechsel in Bezug auf Flächenverbrauch haben wir alle Ansinnen, auch nur teilweise in einen Erschließungs- und Bebauungsprozess im Bereich Langackern 2 einzusteigen, zurückgewiesen.
Der Bürgermeister hat vor seinem Rückzug noch eine interessante Aussage getätigt: Jeder Gemeinde in Baden-Württemberg sei eine Fläche zugestanden, die maximal versiegelt werden darf. Horben sei von diesem Versiegelungslimit noch ein Stück weit entfernt. Selbst falls der Gemeinderat also munter der Versiegelung weiterer Flächen zustimmen sollte, sagt der Versiegelungsquotient nichts darüber aus, ob das im Innenbereich oder durch Flächenfraß hinein in die Natur geschehen muss.
Wir konnten gut darstellen, dass die Topographie von Langackern 2 für eine Bebauung nicht in Frage kommt. Im Lauf des Abends wurde vermehrt deutlich, dass von Seiten unserer BI die Werte der Natur- und Kulturlandschaft, der dörflichen Struktur und der gewachsenen Dorfgemeinschaft weit höher geschätzt werden als von der Mehrheit der Befürworter des Baugebiets, die eine Umgestaltung des Dorfs durch ein Baugebiet und daraus resultierender baulicher Erweiterungen von Infrastruktureinrichtungen nicht kritisch hinterfragen. Gleichzeitig erscheint uns Horben nicht so desolat und sanierungsbedürftig wie von den Befürwortern des Baugebiets dargestellt. Wir fragen uns auch, ob hier nicht städtische Maßstäbe und Ansprüche in unseren ländlichen Raum übertragen werden und zur Erfüllung dieser Ansprüche unkritisch die dörfliche Eigenheit geopfert wird. Im Zug der Diskussion kamen plötzlich alle möglichen Vorschläge zu kleineren oder größeren Flächen auf den Tisch, die vielleicht alternativ zu Langackern 2 zu bebauen sind. Doch würden auch Alternativflächen zu einem weiteren Flächenfraß führen und werden von uns daher ebenfalls kritisch gesehen.
Es war erhellend, dass das Thema des inneren Bedarfs noch einmal auf den Tisch kam. Im Vorfeld der letzten Gemeinderatssitzung hatte nach Auskunft des Bürgermeisters eine Gruppe von Horbener Bauwilligen ihre Wünsche im Rat vorgetragen. Wie sich nun herausstellte, sind bei dieser Veranstaltung einerseits wohl nur wenige Bauwillige tatsächlich persönlich erschienen, andererseits steht nach dieser Veranstaltung mehr denn je im Raum, inwieweit hier günstiges Bauland für Investitionen oder für tatsächlichen „inneren Bedarf“ gesucht wird. Von unserer Seite wurde deutlich darauf hingewiesen, dass es nicht die Aufgabe der Gemeinde sein darf, wenigen privilegierten Einheimischen Bauflächen zu deutlich vergünstigten Konditionen bereitzustellen, während andere regulär zum Marktpreis erwerben. Auch wurde von uns darauf hingewiesen, dass sich eine Baulandnachfrage leicht provozieren lässt, indem Flächen zu vergünstigten Konditionen angeboten werden. In einer Gemeinde von der Größe Horbens kann nach unserer Meinung ein immer wieder auftretender innerer Bedarf durch Fluktuation, das Angebot freiwerdender Bestandsgebäude und eventuell einmal einem Bauplatz befriedigt werden, braucht aber sicher nie ein Baugebiet. Als ein weiteres Vorgehen in der Sache diskutiert wurde, gab es den Vorschlag, sich zu einer Klausursitzung zu treffen, um vor allem die Details des Gemeindehaushalts und des Haushaltsplans zu erörtern. Es muss doch bei allen gegensätzlichen politischen Ansätzen möglich sein, einen Konsens über ein solides und seriös durchgerechnetes Zahlenwerk zu den künftig zu erwartenden Einnahmen der Gemeinde zu erreichen. Dann muss auch solide berechnet werden, wie größere Projekte finanziert werden können. Ob dann für eine räumliche Erweiterung des Kindergartens und in einem zweiten Schritt möglicherweise auch der Schule eine kreditfinanzierte Lösung in Frage kommt und wie stark diese künftige Haushalte belasten würde, muss seriös ausgerechnet werden. Es muss aber auch der Wille dazu erkennbar sein, mit den bescheidenen Mitteln unserer infrastrukturschwachen Gemeinde über die Runden zu kommen und nicht mit Einmalerlösen auch in Sachen Abschreibungen teure Neubaulösungen anzustreben.
Man durfte gespannt sein auf den Haushaltszwischenbericht 2021, der in der Gemeinderatssitzung am 20.Juli 2021 vorgestellt wurde. Dieser hat unsere Auffassung bestätigt, dass der Haushaltsplan 2021 eine zu pessimistische Prognose darstellt. Auch aufgrund von Unterstützungszahlungen durch Land und Bund wird die Einnahmesituation in Horben weitaus weniger dramatisch aussehen als aufgrund der Corona Krise prognostiziert. Dabei ist die erst vor wenigen Tagen durch das Land Baden-Württemberg angekündigte Finanzspritze in Höhe von 587 Millionen Euro für notleidende Kommunen durch das Land Baden-Württemberg im Zwischenbericht noch gar nicht eingepreist. Nur fürchten wir, dass in der jetzigen Situation gute Zahlen nicht willkommen sind bei all jenen, die zur Rechtfertigung des Neubaugebiets Langackern 2 schlechte Zahlen brauchen.
Von unserer Seite wurde nochmals auf die Maßlosigkeit der Planungen hingewiesen und vorgerechnet, welche Investitionen die Gemeinde in einem Zeitraum von 2006 bis 2018, also einem Zeitraum von 13 Jahren mit "nur" 708.000 Euro Verkausferlösen aus Grundstückverkäufen bewältigt hat: 500.000 Euro Schuldentilgung, 250.000 Euro Rücklagenbildung, Bau der Wasserleitung nach Münzenried, Ankauf Haus Dorfstrasse 5, Straßenerneuerung Heubuck u.a., während weitere defizitäre Aufgaben wie ÖPNV, Kinderbetreuung usw. erfüllt wurden. Als Verkaufserlös für Langackern 2 wurde vor einigen Wochen von Seiten des Bürgermeisters die Zahl von 1,5 Millionen Euro in Spiel gebracht. Wie er diesen Betrag errechnet, bleibt leider im Unklaren. Nur wenn tatsächlich stark vergünstigt verkauft würde, käme es zu einem solchen Betrag. Sollte aber zu Marktpreisen verkauft werden, könnte sich der Erlös nahezu verdreifachen. In jedem Fall wären das Beträge, die in diesen Dimensionen für Horben beispiellos wären. Man darf den gewählten Volksvertretern im Gemeinderat und dem Bürgermeister durchaus die Frage stellen, ob sie glauben, dafür ein Mandat der Bevölkerung zu haben.
Zwischenzeitlich haben mehrere Mitglieder unserer Bürgerinitiative Akteneinsicht nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz beantragt, um unter anderem endlich die bislang unter Verschluss gehaltenen Ergebnisse der Analysen durch die Badenova Konzept und das Büro Sutter, aber auch jene der Frau Prof. Herre einzusehen.
Ein Fazit der Veranstaltung ist schwer. Man kann nur hoffen, dass sich tatsächlich vor allem der Teil des Gemeinderats, der sich bislang gegenüber anderweitigen Sachargumenten nicht zugänglich zeigt, doch noch dazu bereitfindet, gemeinsam in die Zahlen einzusteigen. Wenn über diese weitestgehend Einigkeit erreicht wäre, dann sollte hoffentlich auch Einigkeit darüber bestehen, dass genügend Zeit ist, über ein Gemeindeentwicklungskonzept zu ermitteln, wie sich die Horbener Bevölkerung die zukünftige Entwicklung Horbens vorstellt, was sie verwirklicht sehen will, worauf sie verzichten kann und was ihr die Umsetzung der Pläne wert ist. Wenn wir jetzt mit dem Gemeinderat Einigkeit erzielen, dass jegliche Überlegungen zu einem Baugebiet erst am Ende dieses Prozesses stehen dürfen, dann wäre schon einiges erreicht.
Öffentliche Veranstaltungen zum Thema Langackern 2 sind nicht geplant; Transparenz und Bürgerbeteiligung bleiben leider nach wie vor Lippenbekenntnisse.
LESERBRIEF IV
Bericht zum Treffen
der BI Landschaftsschutz Langackern 2 und Gemeinderat Horben am 6. Juli 2021
Ein herzliches Danke gilt den drei Protagonisten der BI, Frau Bindewald, Herr Blattmann und Herr Schmauder, dass sie einem mit mehr als dreifach so viel besetztem GR Rede und Antwort standen. Ihnen kann man mit Fug und Recht attestieren: Haltung und Mut, Sachlichkeit und Selbstvertrauen, Gemeinwohl vor Eigennutz.
Schade, dass die Einladenden zu diesem Gedankenaustausch – aus welchem Grund auch immer - sich nicht dazu durchringen konnten, dass die BI weitere Mitglieder mitbringen durfte.
Traurig, dass sowohl Vertreter der Presse als auch interessierte Bürger nicht an diesem Treffen teilhaben durften.
Sieht so Bürgernähe aus? - Oder ist es gar Angst vor Publikum z…