Im Amtsblatt Nr. 21 erschien ein offener Brief des Bürgermeisters.
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit diesem offenen Brief möchte ich Ihre Bedenken gegen das geplante Baugebiet „Langackern 2" frühzeitig aufgreifen und Ihnen in dieser Sache aktiv den Dialog anbieten.
Die Gemeinde Horben sieht nicht zuletzt aufgrund der Corona-Pandemie einer unsicheren Zukunft entgegen. Mit dem neuen kommunalen Haushaltsrecht (NKHR) zeigt sich nun die reale Finanzsituation der Gemeinden. So wird auch die Gemeinde Horben in den nächsten Jahren aufgrund des Zusammentreffens dieser beiden Faktoren ein deutlich defizitäres Planergebnis aufweisen. Genaue Zahlen werden wir mit dem Haushaltsplan 2021 vorlegen können.
Wir sind alle gemeinsam gefordert, hier strukturell weitsichtige Lösungen zu schaffen. Verwaltung und Gemeinderat sind dafür verantwortlich, den durch den Bürgerentscheid eindeutig manifestierten Willen der Horbener Bürgerschaft zur Eigenständigkeit unserer Gemeinde aktiv umzusetzen.
In drei Sitzungen von Dezember 2019, April 2020 und Juli 2020 hat sich die deutliche Mehrheit des Horbener Gemeinderats (jeweils 8 Ja-Stimmen) daher für den Aufstellungsbeschluss, die Änderung des FNP sowie die Beauftragung der Firma badenovakonzept ausgesprochen. Die Beauftragung der Firma Sutter wurde auf Antrag der Gruppe Horben-Leben ebenfalls mit großer Stimmenmehrheit beschlossen.
Die von Ihnen angeführten Bedenken sind selbstverständlich berechtigt. Die Flächenversiegelung und der Verlust von Ackerfläche sind grundsätzlich problematisch (A1/7). Auch ist unbedingt darauf hinzuwirken, dass keine Überforderung der kommunalen Infrastruktur, insbesondere Schule und Kindergarten entsteht. Hier ist strikt zwischen Mehrkosten und Sowieso-Kosten zu trennen. All das sind einige Aspekte von vielen, die der Gemeinderat in seiner Entscheidungsfindung bedacht hat und weiter bedenken wird.
Andererseits hat die Gemeinde Horben auch die über allem stehende Verpflichtung, einen ausgeglichenen Haushalt zu erarbeiten. Die Rechtsaufsichtsbehörde hat zwar in Aussicht gestellt, hinsichtlich der Corona-Pandemie zwar in Einzelfällen kurzfristig Nachsicht walten zu lassen. Strukturell defizitäre Gemeinden werden aber nach allgemeiner Einschätzung auch weiterhin nicht ohne weiteres hingenommen werden.
Es bleibt also die an uns alle gestellte Frage, wie diese Herausforderungen gelöst werden können.
In Anbetracht der bereits vor längerer Zeit beschlossenen Investitionen in Hochwasserschutz, Breitband und Wasserversorgung und den immer größeren Erwartungen an Kommunen wurde bisher kein Alternativkonzept zur langfristigen Haushaltskonsolidierung an die Gemeindeverwaltung herangetragen.
Ich lade Sie daher herzlich dazu ein, eine gemeinsame, für alle Menschen in Horben verträgliche Lösung zu finden. Die Frage, ob ein Baugebiet in Horben gewünscht ist oder nicht, geht jede Bürgerin und jeden Bürger etwas an - sie ist allerdings zu komplex, um mit der nur scheinbaren Vereinfachung auf „ja“ oder „nein“ beantwortet zu werden. Vielmehr sollten wir ergebnisoffen diesen Prozess miteinander gestalten, sachlich diskutieren und versuchen, die verschiedenen Positionen auf Basis einer gemeinsam akzeptierten Faktenlage darzustellen.
Entgegen mancher Äußerung sind bisher weder die Art noch das Ausmaß und die Größe der Bebauung festgelegt. Vielmehr befinden wir uns noch in der Phase, in der grundsätzliche Fragestellungen der Bebaubarkeit, der Bodenbeschaffenheit und der Machbarkeit untersucht werden.
Die vom Gemeinderat beauftragten Planungspartner werden in den nächsten Wochen erste Konzepte zu baulichen Gestaltungsmöglichkeiten und zu den finanziellen Auswirkungen vorlegen. Diese werden wir in Gemeinderat diskutieren und dann sobald als möglich auch der Öffentlichkeit zur Diskussion stellen. Dazu sind - wie von vornherein auch mitgeteilt - mehrere Bürgerveranstaltungen geplant, bei denen jeder sich einbringen kann und wo alle Fakten dargelegt werden. Da wir davon ausgehen, dass die Pandemie noch lang anhaltende Beschränkungen nach sich zieht, werden wir vermutlich mehrere, gleichartige Veranstaltungen am selben Tag durchführen. Hierzu erhalten Sie rechtzeitig alle Informationen. Bis dahin bitte ich Sie um Geduld und um Vertrauen, dass jegliche relevante Entscheidung wie bisher auch in öffentlicher Gemeinderatssitzung gefällt wird.
Ich biete Ihnen ausdrücklich an, auf den geplanten Veranstaltungen auch selbst Ihre Sicht der Dinge vorzutragen. Zur genauen Abstimmung bitte ich um diesbezügliche Kontaktaufnahme. Ich nehme an, dass Sie in dieser Sache noch eine oder mehrere Vertrauenspersonen gemäß $ 21 Abs.3 GemO benennen werden.
Ich wünsche uns allen in dieser Sache ein gedeihliches Miteinander und eine Orientierung der Diskussion am Gemeinwohl, für das der Gemeinderat, Sie als Bürgerinitiative und die Verwaltung gemeinsam verantwortlich sind. Bitte machen Sie dieses Schreiben gerne allen Mitgliedern Ihrer Initiative zugänglich.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bröcker
-Bürgermeister-
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