Der Gemeinderat hat auf Vorschlag und Drängen der Verwaltung im Dezember 2019 ohne vorherige öffentliche Diskussion mit Mehrheit die Umsetzung des Baugebiets „Langackern 2“ beschlossen. Hintergrund der Entscheidung war, dass § 13 b des Baugesetzbuches nach dem damaligen Gesetzesstand nur bis Ende 2019 als Rechtsgrundlage für die Umsetzung eines Neubaugebietes herangezogen werden durfte (Anm.: mittlerweile plant der Gesetzgeber, die Möglichkeit der Umsetzung der Planung eines Baugebietes auf der Grundlage von § 13 b BauGB bis Ende 2024 zu verlängern). § 13 b BauGB wurde vom Gesetzgeber als beschleunigtes Verfahren zur Baulandgewinnung ohne eingehende Umweltverträglichkeitsprüfung und ohne Notwendigkeit der frühzeitigen Bürgerbeteiligung eingeführt, um in Gemeinden mit hohem Siedlungsdruck (insb. im städtischen Bereich) schnell Bauland generieren zu können. Keinesfalls war die Bestimmung dafür gedacht, dass Landgemeinden ihre Bauflächen erweitern, um damit vorrangig ihre Finanzen zu sanieren. Aufgrund dieser – auch vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten – Fehlentwicklung, sehen viele Umweltorganisationen und Verbände die Anwendung des § 13 b BauGB im ländlichen Bereich negativ, da gerade dort so ökologisch wertvolle Flächen versiegelt werden, ohne dass diese Flächen optimal für die Wohnraumversorgung gewonnen werden können (wegen der regelmäßig eingeschränkten Geschossbauweise auf dem Land) und keine nennenswerte Entlastung von Ballungsgebieten entsteht.
Begründet wurde die Notwendigkeit des Baugebietes von Anfang an ohne Umschweife mit der angeblich desolaten finanziellen Situation der Gemeinde Horben. Alle Begründungen, die normalerweise für die Erforderlichkeit eines Neubaugebietes sprechen, wurden sukzessive und auch nur halbherzig nachgeschoben, nachdem der deutliche Widerstand gegen die Planung in der Bevölkerung offenbar wurde. Weder spielten Kriterien wie die verträgliche und nachhaltige Entwicklung der Gemeinde, Abwägungen verschiedener Vor- und Nachteile eines Neubaugebietes noch die konkrete Lage des Baugebietes an einer exponierten Hanglage im Landschaftsschutzgebiet und der stark ortsbildverändernde Einfluss wie auch städtebauliche Aspekte eine Rolle. So wurden im Vorfeld des Beschlusses weder im Gemeinderat noch mit der Bevölkerung Details zur konkreten Ausgestaltung des Baugebietes besprochen.
Um die Erforderlichkeit des Baugebiets „Langackern 2“ im Nachhinein zu begründen, wurde von der Gemeinde u. a. auch die Informationsveranstaltung mit Frau Prof. Herre von der Verwaltungsfachhochschule in Kehl initiiert. Wie zu vermuten war, wollte Bürgermeister Dr. Bröcker mit dem Engagement der Professorin den BürgerInnen seine eigene oberflächliche und fast ausschließlich mit den angeblich desolaten Finanzen der Gemeinde begründete Argumentation und damit die scheinbare Alternativlosigkeit des Baugebietes „Langackern 2“ nahebringen. Tatsächlich zeigte sich sowohl im Verlauf des Referats von Frau Prof. Herre wie auch in der anschließenden Diskussion, dass diese ausschließlich einige wenige von der Gemeinde Horben aus dem aktuellen Haushaltsplan und der mittelfristigen Finanzplanung zur Verfügung gestellte Zahlen ungeprüft übernommen hatte, um mit der schematischen Veränderung dieser Zahlen durch die gewünschte zusätzliche Einwohnerzahl nach Verwirklichung des Baugebietes eine Hochrechnung der zu erwartenden Gemeindeeinnahmen zu berechnen. Dabei wurden sowohl die kurz- als auch die mittel- und langfristigen Kosten durch das Neubaugebiet und den Anstieg der Einwohnerzahlen nahezu vollständig ausgeblendet. Ganz offensichtlich standen für Frau Dr. Herre nicht die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten im Fokus; vielmehr wurde eine rein schematische Berechnung am Computer simuliert, die jegliche Individualität vermissen ließ. Zur Vermeidung von Wiederholung verweisen wir auf unsere Kritikpunkte in dieser Informationsschrift.
Sicherlich wird bei der Umsetzung von „Langackern 2“ zumindest kurzfristig mehr Geld in die Gemeindekasse gelangen, zumindest durch den Verkauf von Bauland. Wenn dieses Geld aber ausschließlich zur Sanierung des Gemeindehaushalts verbraucht wird, ist in der Sache nicht viel gewonnen, zumal die Gemeinde Horben dann so ziemlich ihr letztes Tafelsilber aufgebraucht hat und zukünftige Generationen jeglicher Gestaltungsmöglichkeiten beraubt werden. Darüber hinaus gibt es nach wie vor keine seriöse Berechnung zu den Erschließungskosten von „Langackern 2“.
Wir sind der Auffassung, dass unser Dorf nicht nach Belieben nur aufgrund rein finanzieller Aspekte so weitreichend verändert werden darf. Eine Gemeinde besteht aus ihrer Geschichte, ihren Einwohnern in all ihren Facetten, den gewachsenen Strukturen und natürlich auch einer Leitlinie und Zielsetzung für die Zukunft. Sie unterscheidet sich daher deutlich von einem Geschäftsbetrieb und kann daher auch nicht unter rein finanziellen und wirtschaftlichen Aspekten geführt und beliebig umgestaltet werden. Daher obliegt es aus unserer Sicht der politischen Gemeinde mit der ganzen Verwaltung gemeinsam mit den BürgerInnen zunächst eine Aufarbeitung des Ist-Zustandes zu erstellen. Hierzu gehört auch eine kritische Bestandsaufnahme des Gemeindehaushalts unter Einbeziehung der Entwicklung der jüngsten Vergangenheit. Gerade in den letzten Jahren hat es bereits deutliche Veränderungen durch neue Baugebiete und der Ansiedlung der neuen „Luisenhöhe“ gegeben, die sich zum Teil noch nicht im Haushalt niedergeschlagen haben.
In erster Linie ist es aber die Aufgabe des ganzen Dorfes, die eigene Zukunft zu gestalten und sich dazu grundlegende Gedanken zu machen. Hierfür ist die Erarbeitung eines Gemeindeentwicklungskonzeptes eine aus unserer Sicht unabdingbare Aufgabe. Dieser Prozess wird ca. 2 Jahre in Anspruch nehmen. Diese Zeit zum Innenhalten und zur Neubestimmung sollten wir uns aber nehmen. Auch die Veranstaltung mit Frau Prof. Herre hat keinerlei Argumente dafür geliefert, dass wir uns diese Zeit nicht nehmen sollten. Im Blick auf unsere eigene Zukunft und die Zukunft der nachfolgenden Generationen sind wir hierzu nach unserer Auffassung auch verpflichtet. Die Selbständigkeit der Gemeinde Horben steht nicht auf dem Spiel. Dagegen ist das Vorliegen eines Gemeindeentwicklungskonzeptes in vielen Bereichen notwendige Voraussetzung für den Erhalt von Fördermitteln zum Beispiel für Maßnahmen die aus dem Landeshaushalt mit ELR-Mitteln (Anm.: Entwicklungsprogramm ländlicher Raum).
Ihre Bürgerinitiative Landschaftsschutz Langackern 2
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